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100 JAHRE BOOTSHAUS

DIE ALT-EHRWÜRDIGE DAME VON DER OCHSENWIESE

Das Jahr 2024 ist für unseren Verein ein besonderes und liefert Grund zum Feiern. Vor 120 Jahren wurde im damaligen Hanauer Hotel „Lindenhof“ (Ecke Krämerstraße/Herrenstraße) der Hanauer Ruderclub Hassia gegründet. 20 Jahre später, nach einer Übergangslösung neben der Steinheimer Mainbrücke, fanden die Hassianer dann ihre wirkliche Heimat. Im September 1924 wurde Das Bootshaus an der Ochsenwiese, das in diesem Jahr den 100. Geburtstag feiert, eingeweiht. 

Nach der Gründung der Hassia im Jahr 1904 gab es zwei Vorgänger, bevor das aktuelle Bootshaus entstand. Das erste Domizil war ein Holzschuppen am Mainkanal, den das Wasserbauinspektionsamt zur Verfügung stellte.

Bauplan, 1923

Im Jahr darauf spendete Friedel Hummel einen beträchtlichen Betrag, und mit erheblichen Mitgliederanstrengungen gelang es, einen Neubau zu realisieren. Dieser wurde an der Mainbrücke errichtet, etwa an der Stelle, wo heute eine Kies- und Schrottverladestation steht. Die Einweihung für dieses Holzhaus, das Platz für 15 Boote sowie Umkleideräume bot, fand im Jahr 1907 statt.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde das Haus von der Militärbehörde als Unterkunft für die Brückenwache belegt. Danach wurde es wieder als Bootshaus genutzt. Der Beschluss der Stadt Hanau, einen Industriehafen zu bauen, besiegelte 1922 das Schicksal des Hauses. Die Enteignung an diesem Standort führte zur Übertragung eines Teils des Geländes, auf dem das heutige Bootshaus steht. Den anderen Teil stellten Anton Mühlhause und Conrad Nies zur Verfügung. Im Jahr 1952 schenkten die Eigentümer der Hassia das Gelände. Die Planung und einen großen Teil des Baus führte die Firma Wayss+Freytag durch, die auch den Hafen realisierte. Die besonders günstige Abwicklung verdankt die Hassia dem Einsatz der Direktoren Hans Burgard und Enric Lepescu, denen hierfür die Ehrenmitgliedschaft verliehen wurde und auf deren Namen ein Vierer Hans-Enric getauft wurde.

Bootshaus, 1924

Das Bootshaus wurde im September 1924 unter dem Vorsitzenden Otto Lorge mit achtzehn Bootslagerplätzen, zwei Umkleideräumen, einem Wirtschaftsraum und drei Gesellschaftsräumen an der Ochsenwiese eingeweiht. Diese Einweihung beging die Hassia mit einem Festkommers im Hotel Lindenhof, einem Sommerfest in Wilhelmsbad sowie einer internen Regatta. Dann hatte das Bootshaus Ruhe, bis die Hassianer das Kanu und Faltboot für ihre Ausflüge, zum Beispiel zur Rudererbleibe, entdeckten. 1932 erhielt es eine Kanuhalle.

Bootstaufe „Hans-Enric“, 1926

Die folgende Zeit war von einem sehr intensiven Leben im Bootshaus geprägt. Die Alten wie auch die Jungen verbrachten viel Freizeit dort. Hier konnten sie sein, wie sie waren, und mussten sich nicht dem politischen Zeitgeist völlig unterordnen. So mancher Schabernack spielte sich in und um das Areal ab. Aber diese lustige Zeit endete mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, als ein Ruderer nach dem anderen eingezogen wurde.

Die volle Wucht des Krieges bekam das Bootshaus am 19. März 1945 sehr direkt und schmerzhaft zu spüren. Es brannte lichterloh, und alle Boote, die es behüten sollte, gingen in Flammen auf, lediglich ein Gigboot blieb beschädigt erhalten. Im Herbst 1945 schützten die Mitglieder auf Betreiben von Erwin Bittenbrünn, Rudi Kainz und Fritz Weis das Bootshaus gegen weiteren Verfall. Aber erst schlüpften Flüchtlinge und Ausgebombte mit Kind und Kegel dort unter. Zur Selbstversorgung waren Ställe, Hühner und Ziegen dabei. Nach langen schwierigen Verhandlungen verließen diese im nächsten Jahr die Ruine. Die Mitglieder legten jetzt unter Anleitung von Friedel Daus und Seppl Fuchs Hand an, um das Bootshaus zu entrümmern.

Der Wiederaufbau des Bootshauses begann. Nachts wurden entmörtelte Steine mit US-Trucks herbeigeschafft, Carbitschlamm von Heraeus, Holz aus dem Spessart. All dies wurde gefuggelt und organisiert. Hier taten sich Adolf Daube, Hans Schrön und der Vorsitzende Fritz Warnecke besonders hervor. Trotz dieser Organisationstalente wurde Geld gebraucht. Um die nötigen Kredite zu erhalten, bürgte Adolf Daube mit einer großen Summe, sodass Fremdhandwerker beauftragt werden konnten. Unter dem Vorsitzenden Adolf Daube ging der Wiederaufbau bis 1950, dann wurde das Bootshaus zusammen mit den Booten Otto Lorge und Georg Trumpfeller wieder eingeweiht.

Bootshaus-Aufstockung, 1961

Im Jahr 1954 wurde die Vergrößerung von Umkleiden, Toiletten und des Balkons geplant. 1960 war das Bootshaus schon wieder zu klein, und ein Vorstandsbeschluss unter dem Vorsitzenden Richard Rehbein erfolgte. Alles Weitere lag dann in den Händen von Werner Schrön, der als Architekt fungierte. Ihm halfen Klaus Deilmann, Rudi Kainz, Paul Angert, Peter Kaiser und Heinrich Biermann. Nach zwei Jahren war die Bootshalle mit einer Wohnung aufgestockt, der Saal vergrößert und ein Jugendvorstandszimmer angegliedert. Das erste und unvergessene Wirtsehepaar, die Familie Schneider, zog ein. Festlich übergab man das Bootshaus 1962 dem Verein. Der Ruderbetrieb nahm zu, auch wegen des erweiterten Ruderunterrichts der Karl-Rehbein-Schule.

Neue Bootshalle, 1965

Neben dem Bootshaus errichteten die Vereinsbaumeister 1965 eine Gig-Bootshalle. 1970 erhielt das Bootshaus im Obergeschoss Toiletten. Bei Veranstaltungen musste man nicht mehr durch die kalte Bootshalle zum stillen Örtchen gehen. Ein Anbau an die zuvor erwähnte Halle erweiterte das Bootslagerangebot. 1979 beschloss die Jahreshauptversammlung unter dem Vorsitz von Manfred Matzner den schrittweisen Umbau der Umkleide- und Toilettenanlagen sowie eine komplette Umgestaltung der seitlichen Bootshallen. Das Bootshaus sollte also unter laufendem Betrieb fast komplett erweitert werden. Das ging sehr gut, und die Mitglieder wurden für ihre Disziplin gelobt. Planung und Ausführung lagen in den Händen des Hauswarts Peter Kaiser. Ihm zur Seite standen Werner Schrön und Herbert Vanvor im Planungsbereich, Günter Volk für die Finanzen und die Haustechnik.

Bootshaus, 1985

Die Kanuhalle von 1932 wurde abgerissen und ist heute der Damen-Toiletten- und Umkleidetrakt. Die einstige Damenumkleide wurde de m Herrenbereich zugeschlagen, und gleichzeitig wurde die Werkstatt verlängert. Während dieser Umbauphase erkannte man, dass das Fachwerk im Saalbereich teilweise morsch war.

Fachwerk-Sanierung, 1988

Der ganze Bereich wurde 1988 ausgeräumt, das Bootshaus erhielt neue Fachwerkteile durch eine Fachfirma, neue Ausmauerung sowie eine Wärmedämmung und neue Fenster. 1993 mussten aufgrund der erstmaligen Verpachtung des Obergeschosses starke Eingriffe in das Innere des Bootshauses vorgenommen werden, wie etwa Brandschutzmaßnahmen, Trennung des Energieverbrauchs, Parkplatzsituation und Außenanlagen. Das mündete in einem Bauantrag zur Umkonzeptionierung und dessen langwierige Genehmigung.

Kraftraum, 1996

Auf intensives Betreiben von Rudolf Schäffer wurde 1996 ein lang gehegter Wunsch erfüllt: Der Kraftraum konnte in das Hauptgebäude des Bootshauses eingebaut werden. Seitdem können Alt und Jung, Männer und Frauen dort Kraft und Kondition tanken.

Anfang des Jahrtausends erhielt das Bootshaus einen Bootshallenbau, der gleichzeitig eine erhebliche Terrassenerweiterung bedeutet. Die Planung hierfür erstellte Joachim Hölzinger, unterstützt von Peter Kaiser. Für die Ausführung zeichnet Jörg Herudek verantwortlich, unter Mithilfe von seinem Vater Gundi Herudek, Florian Euler und Peter Kaiser. Um die finanzielle Abwicklung kümmert sich Gerd Bornemann. Da dieser Bau weitgehend in Eigenhilfe erstellt wird, haben wohl die meisten aktiven Mitglieder an diesem Anbau mitgearbeitet. Lutz Grein bemüht sich um das Innere.

Training in der Haupthalle, 2000

Bei den Jubiläumsfeierlichkeiten 2004 erstrahlte das Bootshaus in neuem Glanz, um hoffentlich noch viele Generationen sportlich und gesellschaftlich zu beherbergen!

2008 und 2009 wurden dank der trickreichen Bootslagerung durch den Bootswart Lutz Grein alle Boote aus dem Erdgeschoss verbannt. Es entstand ein hochmoderner Kraftraum unter der Leitung von Rudolf Schäffer und des Chronisten. Um die behördliche Abwicklung kümmerte sich Joachim Hölzinger, der dabei half, Kosten zu sparen. Die alten Wände verschwanden wegen des Brandschutzes ebenso unter Gipskartonplatten wie auch die Decke zum 1. OG. Die Elektroinstallation wurde komplett erneuert, und eine Audioanlage wurde installiert. Heute ist der Raum mit den Geräten ausgestattet, die ein optimales Indoor-Training ermöglichen.

Im Jahr 2013, mit dem Auszug des damaligen Pächters aus dem Obergeschoss des Haupthauses, begann die grundlegende Renovierung des gesamten Gastronomiebereichs und der zugehörigen Toilettenanlage sowie der Nebenräume. Die Leitung dieser Umbaumaßnahmen lag in den Händen von Rudolf Schäffer und Uli Müller.

Und so feiert unsere altehrwürdige Dame von der Ochsenwiese mit dem Charme der Pionierjahre des deutschen Rudersports, aber bereit für die Herausforderungen des modernen Trainingsbetriebs, 2024 ihren 100. Geburtstag.

(Der Text basiert auf den Informationen unseres mittlerweile leider verstorbenen Ehrenmitglieds Peter Kaiser.)

UNSER BOOTSHAUS IM JUBILÄUMSJAHR

DIE ERSTEN BEIDEN BOOTSHÄUSER

Wachsende Herausforderungen an moderne Sportstätten: Ein Ruderzentrum am Main in Hanau

EINE VISION FÜR DIE ZUKUNFT

Die Bedeutung moderner Sportstätten für die Förderung des Leistungssports ist unbestreitbar. Doch während die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Einrichtungen steigt, stehen Betreiber und Planer vor wachsenden Herausforderungen, die die Möglichkeiten klassischer „Vereinsheime“ weit übersteigen.

Hanau genießt einen Ruf als herausragende Talentschmiede im Rudern. Dennoch sieht es sich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, die eine zeitgemäße Anpassung an Trainingsmöglichkeiten erfordern. Moderne Sportstätten müssen mit fortschrittlichen Systemen ausgestattet sein, die das Training optimieren, die Sicherheit der Sportler gewährleisten, angesichts zunehmender Umweltbelastungen ökologische Standards erfüllen und der lokalen Gemeinschaft dienen.

Unsere Hassianerin Lisa Holbrook (u.a. Mitglied des DRV-Frauenachters 2023) hat sich im Zuge ihres Architektur-Studiums mit diesem Thema am Beispiel Hanau auseinandergesetzt. In ihrer Bachelor-Thesis entwickelte sie eine Vision für ein Hanauer Ruderzentrum am Main in Steinheim. Als Basis dafür dient die Hellental-Brücke, in deren Brückenbogen durch Glasverkleidung und Innenausbau ein weitläufiger Raum mit Boots-Lagern, Turnhalle, Fitness-/Kraft- und Sanitärräumen entstehen könnte. Dazu sind Aufenthaltsmöglichkeiten und Gastronomie-Angebote sowie ein vorgelagertes Sportgelände im Freien vorgesehen.

Eine spannende Arbeit, die die Phantasie anregt, den Rudersport in Hanau weiter zu entwickeln.

Diese Pläne sind lediglich ein Entwurf im Rahmen einer universitären Arbeit. Sie stellen keinerlei aktuelle Planungen des Hanauer Ruderclubs Hassia da.